Weilerstoffeler Wand kann Bad Boller Roller nicht bremsen

Dass es bei der Albextrem 2015 „etwas härter“ zugehen würde als gewohnt, war den meisten Radlern bereits nach wenigen Kilometern bewusst. Anstatt gemütlich durchs Walkersbacher Tal zu rollen zweigte die Strecke an der Weitmarser Sägemühle unvermittelt nach rechts Richtung Pfahlbronn ab, wo es die ersten knackigen Höhenmeter zu absolvieren galt. Auch der Aufstieg vom Haselbacher Tal zum Gartenschaugelände in Schwäbisch-Gmünd (schon bekannt aus dem vergangenen Jahr) zwang viele Pedaleure in den kleinsten Gang bzw. aus dem Sattel. Mit dem Rechberg stellte sich dem Feld gleich nach der ersten Verpflegung in Waldstetten ein weiterer Brocken entgegen.

Spätestens in Weilerstoffel konnten die Fahrerinnen und Fahrer über solche „Hügelchen“ nur noch müde lächeln. Nach der rasanten Abfahrt von Tannweiler herunter stand unmittelbar hinter dem Ortseingang ein Streckenposten, der allen Radlern fahnenschwenkend und mit lauter Stimme zurief: „Runterschalten! Runterschalten!“ Grund: Die Auffahrt zum Flugplatz Hornberg – genannt „Weilerstoffeler Wand“.

Die Fakten hierzu: 240 Höhenmeter auf einer Strecke von 1,8 Kilometern, eine erste Rampe mit 17% Steigung, bevor nach einer kurzen Passage mit 10% das Maximum von 20% erreicht wird. Im weiteren Verlauf zeigt der Hang dann nochmals mit bis zu 18% seine Zähne, erst kurz vor dem Plateau sinkt die Anzeige wieder auf „lächerliche“ 10%.

Anschließend geht es gemächlich über Weißenstein, Treffelhausen das Roggental hinunter und gleich wieder hoch nach Steinenkirch. Welliges Profil begleitet die Radler bis zur nächsten Verpflegung nach Gnannenweiler, wo fleißige Helfer den hungrigen und durstigen Teilnehmern einen schönen Empfang bereiten. Da an diesem Sonntag nahezu Windstille herrscht, fallen auch die nächsten Kilometer über Gerstetten, Altheim, Schalkstetten und Geislingen nicht schwer. An der Streckenteilung zwischen der kleinen „Classic-Tour“ mit 190 km und den beiden langen Schleifen stellt sich für manchen die Frage, ob er den inneren Schweinehund für größere Taten motivieren kann.

Recht warm geworden ist es inzwischen an der frisch asphaltierten Türkheimer Steige. Zuschauer an der Strecke motivieren mit Beifall und Anfeuerungsrufen. In rasanter Fahrt geht es von den Schonterhöfen hinunter nach Bad Ditzenbach. Durchatmen ist angesagt bei Müsliriegeln, Hefezopf und reichlich kühlen Getränken. Wer will, kann sich mit einer Massage für die kommenden Anstrengungen wappnen und Waden und Nacken durchkneten lassen.

An der nächsten Kreuzung steht dann eine gewichtige Entscheidung an: Links nach Gosbach abbiegen auf die große Schleife mit 300 km oder geradeaus nach Auendorf für die mittlere Tour mit „nur“ 240 km? Nochmal 60 km und 1.400 Höhenmeter extra? Dazu das Zeitlimit 18.00 Uhr für die Gruppenwertung und 19.00 Uhr für Einzelfahrer. Immerhin: 122 Fahrer und eine (!) Fahrerin haben es gewagt und dürfen sich jetzt „Traufkönig(in)“ nennen.

Doch auch ohne die Aufstiege nach Drackenstein, Hohenstadt, zum Reußenstein, die Oberlenninger und Weilheimer Steige stellen sich im weiteren Verlauf der mittleren und kleinen Runde noch einige Hindernisse in den Weg. Also gerade aus weiter nach Auendorf und über den Sattel nach Gammelshausen. Schnell ist Schlat erreicht, doch der Gairenbuckel verlangt alles ab und wird mit jedem Höhenmeter auch immer steiler. Der Atem geht auf Anschlag, der kleinste Gang ist längst aufgelegt, doch die Steigung nimmt kein Ende. Zum Glück verleihen die treuen Fans am Straßenrand den Beinen neue Kraft.

Der sonst so gefürchtete Hexensattel fühlt sich ein paar Minuten später dagegen eher mickrig an. Auch von Unter- nach Oberböhringen „läuft“ es, wenn nicht Glasscherben und platte Reifen die Fahrt unterbrechen. Kür ist die Fahrt nach Eybach und durch das Roggental nach Treffelhausen. Bald ist Stötten erreicht, wo man sich mit Cola, Yoghurt und Hefezopf nochmals für die letzen Kilometer aufputschen kann. In fliegender Fahrt rollen große Konvois über die Albhochfläche und jagen den Messelberg hinunter. Am letzten Anstieg von Reichenbach u.R. zum Birkhof finden viele Überholvorgänge statt. Manch müder Radler bewegt sich schiebend aufwärts. Doch spätestens bei der Abfahrt nach Ottenbach sind (fast) alle Strapazen vergessen und beim Anblick des Zielbogens macht sich eine große innerliche Zufriedenheit breit.

Nach dem Genuss von gerösteten Maultaschen mit Salat und einem kühlen Bier folgt schließlich eine weitere Überraschung. Die Bad Boller Roller werden bei der Siegerehrung erst als Vorletzte aufgerufen: Rang 2 in der Gruppenwertung und erstmals der Sprung aufs Siegerpodest! Herzlichen Dank an alle 78 Fahrer, die mit insgesamt zurückgelegten 16.920 km diese tolle Platzierung möglich gemacht haben.

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